„Objektive Information“ mit einseitiger Position im Wölfersheimer Gemeindespiegel
Im wöchentlich erscheinenden Wölfersheimer Gemeindespiegel gibt es amtliche Bekanntmachungen und Vereinsinformation. Politik ist untersagt, es sei denn der Gemeindevorstand informiert. In der letzten Ausgabe nun erschien eine anderthalbseitige Abhandlung unter dem Titel „Wiederkehrende oder einmalige Straßenbeiträge?“. Ein Autor oder Verantwortlicher dieser Abhandlung war nicht zu erkennen. Jedoch greift der Text in vermeintlich objektiver – und ohne Autorenschaft – vermeintlich neutraler Form in eine aktuelle Diskussion in der Gemeindepolitik ein. Und kommt, welch Wunder, zum Fazit, dass in Wölfersheim wiederkehrende Straßenbeiträge keinen Sinn machen, was haarklein der SPD-Position in der Wölfersheimer Gemeindevertretung entspricht.
Zur Vorgeschichte: Weil sie wiederkehrende Straßenbeiträge für ein solidarischeres Modell halten als die seit jeher praktizierte Erhebung einmaliger Straßenbeiträge, was im Einzelfall leicht zu fünfstelligen Beträgen für einen Grundstückseigner führen kann, beantragten die GRÜNEN letztes Jahr deren Einführung. Damals lehnten alle anderen Parlamentsfraktionen das Ansinnen ab. Im Frühjahr dieses Jahres beantragte die CDU, die letztes Jahr noch dagegen stimmte, dasselbe. Es gab aber wiederum keine Mehrheit dafür, da insbesondere die Mehrheitsfraktion der SPD dagegen war. Offenbar aber hat der CDU-Vorstoß nun Debatten in der Bürgerschaft zur Folge, die, was uns GRÜNE auch nicht wundert, dem Charme des Solidarmodells der wiederkehrenden Straßenbeiträge eher zugeneigt ist als den einmaligen. Und so musste offenbar die vermeintlich objektive Information im Tarnanzug her, um der Bevölkerung diesen Zahn zu ziehen.
Dabei ist diese „objektive Information“ nichts anderes als das Einnehmen einer bestimmten Position zu einer politischen Frage, die bislang auch die SPD teilt. Zudem verwickelt sich diese „Information“ in Widersprüche. Sie kommt mit Verweis auf den nicht gerade als Hort des Fortschritts bekannten Hessischen Städte- und Gemeindebund zum Fazit, dass eine Kommune mit einmaligen Straßenbeiträgen wie Wölfersheim „keinesfalls umstellen“ soll. Um am Ende allerdings einzuräumen, dass wiederkehrende Beiträge in solchen Kommunen durchaus Sinn machen , die bislang noch keine Straßenbeiträge erhoben haben, wie z.B. Bad Nauheim oder Bad Vilbel.
Bloß gilt für diese Kommunen all das auch, was zuvor als Argument gegen die Einführung wiederkehrender Straßenbeiträge angeführt wurde. Auch in Bad Nauheim gibt es in Neubaugebieten Erschließungsbeiträge, so dass für solche Gebiete „Ausnahmeregelungen geschaffen“ werden müssten. Auch in Bad Nauheim fallen „pro Ortsteil Einführungskosten bis zu 100.000 €“ an, die die Allgemeinheit bezahlen müsste. Und auch in Bad Nauheim „gibt es ein erhebliches Umstellungsrisiko, da es noch keinerlei Rechtsprechung zu den wiederkehrenden Straßenbeiträgen gibt“. Der Unterschied zu Wölfersheim ist nur, dass die es trotzdem machen und wir in Wölfersheim nicht!
Und so entlarvt sich die ganze schöne „objektive Information“ im Wölfersheimer Gemeindespiegel als schlichte Entscheidung zwischen „Will ich“ oder „Will ich nicht“. GRÜNE und CDU wollen, und offensichtlich einige Bürgerinnen und Bürger auch, die SPD will nicht.
Dabei ignorieren die GRÜNEN die Argumente contra wiederkehrender Straßenbeiträge nicht. Sie kommen dennoch in der Abwägung zum Schluss, dass dieses Modell das fairere und das solidarischere ist. Es verhindert vor allem die Notwendigkeit zur Zahlung hoher Summen, wenn vor der Haustür eine Straßensanierung ansteht. Gerade für die ärmere und ältere Bevölkerungsschicht kann das zum Problem werden. Die regelmäßige Zahlung geringerer Beiträge durch alle dagegen vermeidet dieses Risiko.
Die GRÜNEN erinnern daran, dass die Wölfersheimer Sozialdemokraten sich in einer ähnlichen Frage genauso verhielten wie heute zum wiederkehrenden Straßenbeitrag. Als es um die, nach Meinung der GRÜNEN fairere und ökologischere, gesplittete Abwassergebühr ging , waren sie dagegen – bis sie von der Rechtsprechung zu deren Einführung verdonnert wurden. Und die GRÜNEN weisen darauf hin, dass Sozialdemokraten in Bad Vilbel gegen CDU und FDP für die Einführung wiederkehrender Straßenbeiträge streiten und ihnen der (Wölfersheimer) SPD-Landrat öffentlich zur Seite springt. Die Sozialdemokraten in Wölfersheim werden auch irgendwann die Position pro einmaligem Straßenbeitrag aufgeben. Schon jetzt verstecken sie und ihr Bürgermeister sich lieber hinter vermeintlich objektiver Information als offen Farbe für eine Position zu bekennen, die von den Bürgerinnen und Bürgern als verlorener Posten identifiziert wird.