Demokratische Beteiligung bei der Entscheidung für ein Rewe-Logistikzentrum vorsätzlich ausgehebelt
Am Freitag hat die Wölfersheimer GRÜNEN-Fraktion erstmals von der Planung eines Rewe-Logistikzentrums an der A45 erfahren. Am Samstag gab es per Post einige wenige Unterlagen dazu, zu denen die GRÜNEN am Sonntag ca. 40 Fragen formulierten. Und am Montag Abend hat die Gemeindevertretung dem Vorhaben zugestimmt. Drei Tage also zwischen erstmaliger Kenntnis von einem Projekt, das mit 40 ha größer ist als der Wölfersheimer See (Bild oben), und der Entscheidung darüber. Dies, obwohl dem Gemeindevorstand (in dem die GRÜNEN nicht vertreten sind) die Sache seit dem 25. 01. bekannt ist.
Während Bürgermeister Kötter ein solches Überrumpeln für in Ordnung hält, ist es für die GRÜNEN schlicht die Missachtung parlamentarischer Beteiligung. Der Coup zeigte sich auch darin, dass unmittelbar am Folgetag der Entscheidung auf der Internetseite der Gemeinde vorbereitete Artikel erschienen, die das Projekt bejubeln. Respekt vor dem Parlament würde gebieten, Diskussionen und Ergebnisse der Gemeindevertretung abzuwarten und sie auch zu würdigen.
Vor drei Wochen kamen die Fraktionsspitzen zu einer Informationsrunde zur Flüchtlingssituation zusammen. In dieser vertraulichen Runde hätte der Bürgermeister darüber informieren können, was er seit geraumer Zeit vorbereitete. Letzte Woche tagte mit dem Haupt- und Finanzausschuss der wichtigste Ausschuss der Gemeindevertretung. Unter Mitteilungen hatte der Bürgermeister nichts mitzuteilen. Dafür informierte er tags darauf per Brief, dass sich die Gemeindevertretung – unter Ausschluss der Öffentlichkeit – am Montag anderthalb Stunden vor der eigentlichen Sitzung treffen sollte, es gehe „um eine Chance für Wölfersheim“. Aus all dem wird klar, dass die (oppositionellen) Gemeindevertreter möglichst lange im Unklaren gelassen werden sollten. Ein solches Vorgehen beim wahrscheinlich bedeutendsten Projekt dieser Wahlperiode ist guter und vertrauensvoller politischer Arbeit und Zusammenarbeit zum Wohle der Gemeinde nicht würdig!
In der Sache blieb den GRÜNEN wenig Zeit, um sich mit einem Vorhaben auseinander zu setzen, das in keiner regionalen Flächennutzungsplanung je eine Rolle spielte. Bei dem Areal an der A45 handelt es sich um ein „Vorranggebiet für die Landwirtschaft“, das mit der Bodenzahl 80 die beste in der Wetterau vorhandene Bodenqualität aufweist. Es ist unglaublich, wie es möglich sein kann, im Handstreich und im Grunde ohne jede Diskussion, so viel beste landwirtschaftliche Fläche einfach unter Asphalt und Beton verschwinden zu lassen.
Hier kommt auch eine zweite Rolle von Bürgermeister Kötter ins Spiel. Er sitzt der SPD-Fraktion im für Flächennutzungsfragen entscheidenden Regionalverband vor. Dort unterhält die SPD mit der CDU eine große Koalition. Nach dem Prinzip „eine Hand wäscht die andere“ sorgen die beiden Partner mit absoluter Mehrheit dafür, dass die Wünsche ihrer jeweiligen Bürgermeister nach Abweichungen von der geltenden Flächennutzungsplanung wechselseitig bedient werden. So hebeln sie gemeinsam die Regionalplanung aus, um sukzessive Landschaft zuzubetonieren und wertvolles Ackerland zu vernichten. Genau das wird nun auch bei dem Areal an der A45 passieren. Der viel beschworene Ausgleich zwischen Ökonomie und Ökologie, mit dem sich Regionalpläne in der Regel rühmen, wird durch das tatsächliche Handeln der SPD- und CDU-Vertreter im Regionalverband mit Füßen getreten.
Die GRÜNEN haben der Rewe-Ansiedlung nicht zugestimmt. Vielleicht mag die Behauptung ja stimmen, die Verlagerung der Logistik von Rosbach und Hungen nach Berstadt bringe ökologische Vorteile. Prüfen konnte das in der Kürze der Zeit niemand, man kann es allenfalls glauben. Neue Arbeitsplätze entstehen auch nicht, es kommen lediglich die bestehenden 550 Arbeits- und 20 Ausbildungsplätze aus Rosbach und Hungen nach Wölfersheim. Dafür werden 30 ha Land zusätzlich versiegelt. Es reicht den Wölfersheimer GRÜNEN auch nicht, wenn es heißt, das Projekt sei „gut für Wölfersheim“. Eine Politik, die nur den eigenen Vorteil im Blick hat, die aber die Gesamtkosten und die Auswirkungen anderswo außer Acht lässt, ist für GRÜNE keine gute und verantwortungsvolle Politik. An der Politik des neuen amerikanischen Präsidenten wird das zu Recht kritisiert.
An der A45 entsteht nun ein riesiges Bauwerk mit einer Höhe von teilweise 35 m, das die Landschaft prägen und die Sichtachse zum Vogelsberg verstellen wird. Während Windkraftanlagen vor allem aus ästhetischen Gründen öffentlich diskutiert und bekämpft werden, wird die Weichenstellung für ein solches Bauwerk in Wölfersheim im Handstreich durchgezogen. Wie die Opposition wurde auch die örtliche Bevölkerung bis zuletzt im Unklaren gelassen. Öffentliche Diskussion? Nicht erwünscht!
Auch wenn der Bürgermeister meint, sich mit seinem Coup als Macher zu inszenieren. Klammheimliches Vorgehen, das „Durchziehen von Dingen“, das Unterbinden von kritischer Sichtweise und Diskussion, all das ist kein Zeichen von Stärke. Es ist ein Zeichen der Schwäche und es schadet der Demokratie. Demokratie lebt von Auseinandersetzung und braucht ausreichend Zeit. Die Souveränität, das zuzulassen und auszuhalten, besitzen Bürgermeister und Wölfersheimer Mehrheits-SPD nicht.